17 Okt 2015

Persönlicher und beruflicher Erfolg in der Übergangszeit – „zwischen den Stühlen“ ohne hin- und hergerissen zu sein!

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Wie oft hören Sie „Ja ja, das ist nur für den Übergang – bis ich etwas Besseres habe!“ oder „Momentan ist das als Provisorium o.k. – da müssen wir durch!“? Egal, ob beim Wohnungsumzug, Jobwechsel oder in sonstigen Lebensübergängen: Wir verändern uns und sehen die Zeit „dazwischen“ als notgedrungene, unfertige Baustelle an. Auch das aber ist Lebenszeit…

Qi – leben wir in der Zwischenwelt?

Träfen wir eine/n Neo-Konfuzianer/in und erklärten unsere alltäglichen Lebensschwierigkeiten, würden wir vermutlich ein Höflichkeitslächeln gepaart mit einer Menge Unverständnis ernten. Das finge schon mit der Wortwahl an, da Sprache bekanntlich Kulturträger ist: Allenthalben reden wir (negativ konnotiert) von „Problemen“, während Selbsthilfe-Ratgeber uns lieber den Begriff „Herausforderungen“ nahelegen wollen.

Ich bin sehr für sprachliche Exaktheit und weiß neuro-linguistisch, wie leicht sich Negativbegriffe in unserem Hirn festsetzen sowie ungewollt demotivieren können. Dennoch bevorzuge ich „Problem“, wenn „pro“ aus dem Lateinischen „für“ etwas Konkretes steht, am besten für eine zielgerichtete Lösung. Nach richtiger Lesart steckt diese schon im „Pro-“plem drin!

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Zwar verfängt der geläufige Management-Aphorismus etymologisch nicht, im chinesischen Mandarin sei das Schriftzeichen für „Krise“ dasselbe wie für „Chance“, weswegen es kraft fernöstlicher Weisheit damit stets zusammen gedacht werden müsse (während Krise mit „weiji“ und Chance mit „jihui“ übersetzt wird, ist Beiden gemeinsam ist also nur das einzelne Schriftzeichen „ji“, was neutral schlicht „Gelegenheit“ bedeutet).

Jedoch würde unserer/m imaginären Neo-Konfuzianer/in zumindest der westliche Duktus auffallen, immer zuerst in Extremen zu denken: Anfang und Ende, Gut und Böse, Richtig und Falsch, Geburt und Tod, von der Vergangenheit in die Zukunft etc. Der eigentliche Ort des Seins – das Jetzt – wird selten bewusst wahrgenommen und gewürdigt. So werden Übergänge bei uns oft nur als Zwischenlösung, als Notbehelf wahrgenommen, als Umweg oder Umsteigestation, statt als ebenso wichtiger Teil des Lebens – obwohl sich das meiste unseres Lebens genau in diesem „Dazwischen“ abspielt.

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Klar erinnere ich mich gerne an die eine Sekunde, wenn ich als Erste/r das Band der Zielgeraden beim Laufwettbewerb berühre, an den Moment, endlich auf dem Gipfel eines Berges angekommen zu sein oder die romantischen Sonnenuntergangsminuten. Warum aber so selten oder wenig intensiv an den Marathonlauf zuvor, die Bergwanderung am Mittag oder den Tagessonnenschein vor dem Postkarten-Sunset? Wie in der Sci-Fi-Serie „Star Trek“ scheinen wir manchmal tagelang im sog. „Subspace“ herumzuschwirren oder wie Borg-Drohnen unsere vertechnisierte Traumwelt á la „Unimatrix Zero“ gar als die „wahre“ Realität zu empfinden. Im Übergang von einer (beendeten) in eine neue Beziehung etwa kann dies ebenso verstärkt aufkommen wie im Wechsel von Studienabschluss zur ersten Anstellung oder in der Eingewöhnungsphase nach der Übersiedlung in eine fremde Stadt.

Demgegenüber steht das ursprünglich aus dem Daoismus stammende „Qi“: Ein kontinuierlicher Wandel, der nicht zielstrebig durch eine Handlung auf Veränderung ausgelegt ist, sondern stattdessen ein ablaufender Prozess, der einfach passiert. Wie Blätter jeden Herbst auf den Holzsteg fallen, der aber stets stabil und derselbe bleibt, und der mich durch mein Leben trägt.

Was ich jetzt kann und mag – Übung: Meine berufliche Erfolgsmatrix

Freunden wir uns damit an, dass „Übergänge“ ebenso zahlreich wie wichtig in unserem Leben sind, ja: dazugehören und genauso wie Anfänge und Enden ihre Daseinsberechtigung haben, fragt sich, wieso wir sie meist wie halbverputzte Häuser dem Winterfrost aussetzen und ihnen wie im Bademantel zwischen Dusche und Toilette begegnen? Weil wir auf Ergebnisse, auf linearen Abschluss und eindeutig zuzuordnenden Output gemünzt sind; das verlangen wir von der Produktwerbung, unserer Politik wie mittlerweile (selbstoptimiert) oft auch von uns.

Dass viele der reifsten und schmackhaftesten Äpfel nicht immer diejenigen aufpolierten aus dem Biofeinkost-Obstregal sind, sondern die „zwischen den Baum gefallenen“, mag überraschen.

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Ähnlich verhält es sich mit unseren Talenten, Wünschen und Möglichkeiten, ob privat oder beruflich: Könnte ich schon perfekt singen, würde ich nicht zum DSDS-Casting pilgern sondern gleich zum Produzenten ins Aufnahmestudio. Wüsste ich alles über die interne Unternehmenskultur eines/r potenziellen Arbeitsgebers/in, würde ich mich nicht für ein Trainee-Programm sondern als CEO bewerben. Ergo: Es gibt immer Dinge, die noch nicht ausgereift sind, stets Ziele, die ich noch nicht erreicht habe und Tätigkeiten, die ich zwar gerne, aber (noch) nicht gut mache.

Wichtig ist, für sich zu klären, wo man steht und was davon Freizeit und Beruf, was davon „notwendiges Übel“ und was „zukünftiger Job“ werden will. Unsere Reflexionsübung „Meine berufliche Erfolgsmatrix“ beginnt dazu mit einem einfachen Brainstorming: Welches sind die häufigsten maximal 10 Tätigkeiten, die mein Leben bestimmen (außer biologische Funktionen, die ich schwer steuern kann)? Das wird häufig die Ausübung eines Berufes (oder mehrerer) sein, vielleicht ein Studium oder eine Weiterbildung, oft kommen Hobbys hinzu wie gesellschaftliche oder verwandtschaftliche Verpflichtungen etc. Diese sind zunächst zu sammeln und in 20 Minuten auf zwei Unterscheidungsebenen herunter zu brechen.

Dazu kann man sie praktischerweise in eine Matrix eintragen, auf der Y-Achse: (1) Wie gerne mache ich das? – und auf der X-Achse: (2) Wie gut mache ich das?
Mag die Frage „wie gerne“ noch relativ einfach zu beantworten sein, kann die Selbsteinschätzung zu „wie gut“ schon schwieriger ausfallen. Bei dieser zweiten Frage kann die Aufrichtigkeit (echter) Freunde/innen helfen wie auch schon bestehende Aussagen/Zeugnisse bezüglich der Tätigkeit, z.B. Prüfungsnoten, Meinungen Betroffener oder eigene (Fehl-) Versuche, in diese Richtung verstärkt tätig zu werden.

An dieser Stelle kann es sich immer nur um eine grobe Einschätzung zur Trennung einzelner Tätigkeiten handeln, nicht eine wissenschaftlich exakte Auswertung. Haben Sie zunächst etwas vergessen, kann diese Tätigkeit später noch nachgetragen werden. Verändert sich Ihr Blickwinkel darauf im Laufe der Übung, kann die Position innerhalb der Matrix auch im Nachhinein geändert werden.

Erfolgsdiagramm

So hat man (im Normalfall) Tätigkeiten quer über vier gedachte Felder verteilt, wobei dasjenige unten rechts die persönliche Frustration symbolisiert: Dinge, die ich weder gut noch gerne mache, sollten (möglichst) eliminiert werden. Wenn die Tätigkeit dennoch erledigt werden muss – ob das wöchentliche Badezimmer-Putzen oder die trockene Einkommensteuerveranlagung – kann sie auch ausgelagert werden!

Links unten und links oben in den Feldern sehen wir typischerweise berufsbezogene Tätigkeiten abgebildet: Oft resultiert berufliche Unzufriedenheit weniger daraus, dass wir etwas nicht gut (genug) machen. Vielmehr schließen wir oft (unbewusst) aus der Tatsache, dass wenn wir etwas ganz gut können, dies auch am besten der beruflichen Entwicklung entspricht. Ein klassischer Fehlschluss, denn so werden nicht nur vielseitig begabte Menschen (Sie sind auch so einer!) auf einen bestimmten Job hin determiniert, sondern oft zufällig auf denjenigen, der sich quasi zuerst „offenbart“ hat . Wieso muss jemand, der in der Schule gut in Mathe war, unbedingt Naturwissenschaften studieren und Physiker/in werden, während andere Fähigkeiten wegen dieser allzu vorschnellen Fokussierung schnell verkommen können?

Die Tätigkeiten im Feld unten links gilt es ebenso zu eliminieren bzw. falls im aktuellen Lebensentwurf derzeit notwendig (z.B. schlicht des schnöden, aber notwendigen Mammons wegen) zu reduzieren und sich deren bloß momentanen Zweckrationalismus bewusst zu machen. Während im Feld oben rechts typischerweise die Freizeitaktivitäten auftauchen, steht oben links für beruflichen Erfolg: Das, was ich gerne und gut mache! Tue ich etwas nur sehr gerne, aber nicht gut (genug), besteht Entwicklungspotenzial in Richtung Beruf, wenn ich diesbezüglich neben der persönlichen Zufriedenheit auch an beruflichem Erfolg interessiert bin. Bei Dingen, die ich ohne Druck gerne mache, lerne ich erfahrungsgemäß am schnellsten dazu. Umgekehrt werden mich Dinge, die ich nur ganz gut aber nicht gerne mache, auch dann nicht zum Erfolg bringen, selbst wenn ich sie nahezu perfektioniere.

Das folgende, Henry van Dyke zugeschriebene Zitat bringt es am besten auf den Punkt: „Nutze alles an Begabung, was du hast – es wäre sehr still im Wald, wenn nur die begabtesten Vögel singen würden!

In unserem Workshop „(M) ein Job – Erfolg oder Zufall?“ können Sie diese und weitere Übungen vertiefen – schauen Sie doch mal vorbei!